NDR 1 Welle Nord

2022-10-22 18:42:54 By : Ms. Rachel Ma

Nach zwei Corona-Jahren mit Öffnungsverboten und Einschränkungen haben viele Hotels und Gastro-Betriebe in Schleswig-Holstein großen Personalmangel. Vor allem in den Tourismus-Hochburgen wird um Mitarbeiter gebuhlt. In St. Peter-Ording suchen Unternehmen jetzt gemeinsam neue Mitarbeiter.

Diana Brammann trägt im Büro permanent ein mobiles Headset. Ständig klingelt ihr Telefon, mit dem Headset kann sie sich im Haus bewegen und zeitgleich telefonieren. Eine Arbeitsroutine gibt es so gut wie nicht. Jeder Arbeitstag ist anders. Heute steht ein Personalmeeting an, danach muss sie einen Vortrag halten und sich parallel auch noch um die Website kümmern. Die Geschäftsführerin des Nordsee-Kollektivs hat sich einer Mammutaufgabe angenommen: den Personalmangel in Hotellerie und Gastronomie in St. Peter-Ording abschaffen.

"Die größte Herausforderung, ist neues Personal zu finden. Also Leute zu begeistern, für unsere Häuser zu arbeiten", sagt Diana Brammann. 39 offene Stellen gibt es zurzeit in sieben Betrieben, die alle zum Nordsee-Kollektiv dazugehören. Diana Brammann würde alle am liebsten so schnell wie möglich besetzen. Das Nordsee-Kollektiv nutzt dafür verschiedene Mittel. Das größte und wichtigste ist aktuell das Crew House: Eine ehemalige Pension, die sie zu einem Wohngemeinschaftshaus umgebaut haben. 16 möblierte Zimmer, die nur für Nordsee-Kollektiv-Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Der Vorteil: Dort kann sich das Personal der einzelnen Partnerbetriebe vernetzen, austauschen - und ein soziales Netzwerk aufbauen.

Hinter dem Konzept steckt aber noch mehr: ein eigenes Fitness-Studio, E-Roller, Mitarbeiterevents, Restaurant- und Kinogutscheine - gemeinsam investiert das Nordsee-Kollektiv in die Work-Life-Balance des Personals. Die sei besonders den jüngeren wichtig, die extra für den Job die Heimat verlassen und an die Westküste kommen, erklärt Diana Brammann.

"Wenn wir nicht in unser Personal investieren, dann können wir irgendwann unsere Häuser schließen, weil wir keine Leute mehr haben." Helga Herbers, Direktorin vom Hotel Zweite Heimat

Der Tourismus an der Westküste boomt seit Jahren. Trotz Pandemie verzeichnete St. Peter-Ording 1,5 Millionen Übernachtungen allein vergangenes Jahr. Doch einige Mitarbeiter wanderten ab. Zeitweise geschlossene Häuser, Kurzarbeit, unsichere Zukunft - die Pandemie hat bei den Hotel-Betreibern und in ihren Häusern Spuren hinterlassen. Der Gedanke, sich zusammenzuschließen und an einem Strang zu ziehen, kam den fünf Gründungsmitgliedern bereits vor der Pandemie: "Wir haben alle von ähnlichen Problemen geredet", sagt Helga Herbers, Hoteldirektorin der Zweiten Heimat. Das Nordsee-Kollektiv kostet sie viel Geld. Aber sie sagt auch: "Es kostet genauso Geld, wenn ich überall in Deutschland Stellenanzeigen schalte, die vielleicht gar nichts bewirken."

Für sie zählt das Personal, dass sie nicht nur neu bekommt, sondern langfristig halten kann: "Wenn wir nicht in unser Personal investieren, dann können wir irgendwann unsere Häuser schließen, weil wir keine Leute mehr haben." Helga Herbers wird im Sommer zwei neue Auszubildende bekommen - organisiert über Diana Brammann vom Nordsee-Kollektiv. Beide werden zunächst im Crew-House unterkommen. Und sollte es den Auszubildenden langfristig bei ihr im Haus nicht gefallen, hätten sie die Option, in eines der Partnerhäuser vor Ort zu wechseln.

Svenja Heinickel nutzt das Angebot bereits. Die 21-Jährige hat in ihrer Heimat Würzburg eine Ausbildung zur Hotelfachfrau absolviert und ist seit Februar in St. Peter-Ording. Hier arbeitet sie als Rezeptionistin im Hotel Strandgut. Sie habe zwar versucht, eine Wohnung zu finden - aber ohne Erfolg. Insofern wohnt sie jetzt seit gut drei Monaten im Crew House, zahlt unter 500 Euro für das WG-Zimmer und konnte sich bereits mit anderen Tourismus-Mitarbeitern vernetzen. Das Konzept des Nordsee-Kollektivs kann sie sich auch gut in anderen Regionen vorstellen, denn auch in ihrer Heimat hätten es viele Betriebe schwer gehabt, Mitarbeiter zu finden.

Die Geschäftsführerin des Nordsee-Kollektivs, Diana Brammann, hat das Konzept bereits an den Unis in Hamburg, Dresden und München vorgestellt. Sogar das dänische Jütland hat Interesse am Konzept von der Westküste. Ihr Ziel ist es, sich irgendwann selbst überflüssig zu machen. Dass das passiert, hält sie aber für unwahrscheinlich: "Wir müssen immer in Bewegung bleiben, uns ständig anpassen und hinterfragen." Die Geschichte des Nordsee-Kollektivs ist also noch lange nicht auserzählt.

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